Christoph Handrack und seine Technik des „Photopainting“
„Stadt, Land, Fluss“ heißt die neue Ausstellung mit Fotografien des Gießeners Christoph Handrack. Er präsentiert neue Arbeiten in der Pohlheimer Arztpraxis Marck-Pickel-van Gellecom. Von Heiner Schultz
Von Heiner Schultz
Christoph Handrack bringt seine Motive in Bewegung. Foto: Schultz
POHLHEIM – „Stadt, Land, Fluss“ heißt die neue Ausstellung mit Fotografien des Gießeners Christoph Handrack. Er präsentiert neue Arbeiten in der Pohlheimer Arztpraxis Marck-Pickel-van Gellecom. Waren in seiner vergangenen Schau die Motive noch klar zu erkennen, ist das nun vorbei: Andrack hat die Abstraktion für sich entdeckt. In der Ausstellung zu sehen sind 35 Bilder.
Christoph Handrack, Jahrgang 1952, stammt aus Darmstadt. Der Facharzt für Psychiatrie studierte in Gießen Medizin und eröffnete vor 20 Jahren eine Praxis als Therapeut – und fotografiert aus Leidenschaft. „Ich mag Straßenkreuzer nicht, es war nur ein ästhetisches Bedürfnis, sie zu fotografieren“, sagte er über seine auf Kuba entstandenen Bilder. Auch in Europa war Handrack unterwegs. In London etwa, oder in Polen, wo er verlassene und verfallende Schlösser fotografiert hat: „ehemalige deutsche Herrensitze“. Inzwischen ist Handrack beim „Photopainting“ angelangt, einer Technik, bei der man durch Bewegung der Kamera Unschärfen und malereiähnliche Effekt ins Bild einfügt. Musik macht Handrack übrigens auch: Er singt und spielt Klavier und Orgel bei der Band „Bluesdoctor“.
Software oder Bewegung
„Wir wollen mit Künstlern der Region unsere Praxis etwas anders gestalten“, sagte Cornelia Marck in ihrer Begrüßung bei der Ausstellungseröffnung. Doch wie hat Handrack seine Bewegungseffekte erzeugt – mit der Kamera oder dem Rechner? „Es gibt drei Werke, die aus normalen Bildern gemacht worden sind“, erläutert der Künstler. Zum einen nutzte er eine Software, die die Beschleunigung simuliert. Bei allen anderen entstand der Effekt durch die Bewegung der Kamera beim Auslösen. „Das merkt man auch, weil es dabei immer solche kleinen scharfen Stellen gibt, weil man ja nicht so schnell ist. Es entsteht also immer etwas Scharfes, und dann wird da drübergewischt.“
Und wie ist er darauf gekommen, solche Bilder zu machen? „Das weiß ich selber nicht“, sagt Handrack, „irgendwie ist es bei mir aus Zufall entstanden, und jetzt mach ich es schon vier, fünf Jahre. Wenn ich irgendwohin reise, mach ich etwa zehn Prozent der Fotos auf diese Art, das andere sind traditionelle Bilder; ich will ja von meinen Reisen auch Erinnerungen behalten.“ Fotopainting sei eine Art Gegenbewegung zum gerade aktuellen hyperrealistischen Abbilden in der Fotografie, stellte Handrack fest. Eigentlich geht’s um das Gefühl, das der Betrachter hat, wenn er sich etwa fragt, ob das im Bild eine Frau ist. „Es gibt immer Raum für die Fantasie, das hängt auch mit meinem Beruf als Psychotherapeut zusammen.“
Was sieht man also? Es sind Digitaldrucke der Fotografien, die sämtlich einen explizit malerischen Ansatz aufweisen. Hier geht es um Strukturen und Farben, das Gegenständliche ist in vielen Bildern eliminiert. Gleichwohl sind in zahlreichen Arbeiten die Grundlagen des Motivs noch zu erkennen. Handrack hat sich auf eine schwierige Technik eingelassen: Abstrahiert er seinen Gegenstand vollständig, verlieren die Bilder an Prägnanz und, schlimmer noch, an persönlichem Flair. Dann wirken sie beliebig. Einige der weniger abstrahierten Bilder wiederum, besonders florale Motive, wirken deutlich malerisch gestaltet, sind nur einer attraktiven Komposition verpflichtet. Christoph Handrack ist ästhetisch noch unterwegs – und es ist ein lohnender Weg.
Die Ausstellung ist bis auf weiteres in der Praxis Marck-Pickel-van Gellecom (Neue Mitte 10, Haus 4) in Pohlheim zu sehen.